Service Blueprints – Blaupause für gute Erfahrungen

Leistungen werden heutzutage meist über ein ganzes System an Touchpoints – Kontaktpunkten der Kunden mit dem Anbieter – erbracht. Service Design ist User Experience Design für komplette Serviceprozesse statt einzelner Touchpoints. Es betrachtet alle Komponenten der Nutzererfahrung über die gesamte Lebensdauer der Kundenbeziehung.

Eine der wichtigsten Methoden im Service Design sind Service Blueprints. Sie bringen die Customer Journey als Außensicht der Nutzer mit den internen Prozessen als Innensicht der Anbieter zusammen. Nur wenn alle Rädchen ineinander greifen, machen Nutzer durchweg positive Erfahrungen.

Die Methode des Service Blueprint wurde bereits 1984 von Lynn Shostack, damals Führungskraft in einer Bank, im Harvard Business Review vorgestellt. Die „Blaupause“ ist technischen Zeichnungen aus Ingenieurswesen und Architektur nachempfunden. Service Blueprints eignen sich übrigens nicht nur für reine Dienstleistungen. Auch der Prozess rund um ein Produkt lässt sich von der Recherche, über den Kauf bis zum After-Sales Support hervorragend mit der Methode abbilden.

Aufbau eines Service Blueprints

Service Blueprinting ist eine flexible Technik ohne starre Regeln. Meist bestehen Service Blueprints aus einer Swimlane-Darstellung mit verschiedenen „Bahnen“ für organisatorische Zuständigkeiten. Anders als in vielen anderen Prozessdarstellungen sind die Aktionen der Nutzer in Service Blueprints ein zentrales Element. Im oberen Teil ist die Customer Journey der Nutzer abgebildet, im unteren Teil die Prozesse des Anbieters. Jedes Mal, wenn eine der Linien überschritten wird, entsteht für die Beteiligten Wert.
Schematischer Aufbau eines typischen Service Blueprint Ein Beispiel eines Service Blueprints anhand einer Flugreise

Service Blueprints listen die einzelnen Schritten, die ein Nutzer vor, während und nach der Nutzung eines Service durchläuft. In weiteren Bahnen können zusätzliche Informationen festgehalten werden, wie etwa der Zeitbedarf der einzelnen Schritte, Qualitätsmesswerte, Kommunikationskanäle oder Emotionen der Nutzer. In meinen Workshops nutze ich beispielsweise gerne Herzen, um besonders erinnerungswerte Momente zu markieren und Blitze für Schritte, in denen etwas schiefgehen kann.

Sichtbare-Interaktionen  sind all die Aktionen, bei denen Ihre Mitarbeiter oder Ihre Systeme sichtbar mit den Nutzern in Kontakt treten. Immer dann findet eine Interaktion mit einem Ihrer Touchpoints statt, die Interaktionslinie wird überschritten.

Das kann beispielsweise die persönliche Beratung im Ladengeschäft sein, ein Telefonat mit der Support-Hotline oder die Interaktion mit Ihrer Website.

Backstage Interaktionen sind all die Aktionen, die Ihr Unternehmen im Hintergrund durchführt und die für die Nutzer nicht sichtbar sind.

Das ist in vielen Unternehmen die Produktion, das Erstellen der Website und anderer Kommunikationsmittel oder eine interne Nachfrage, um die Frage eines Kunden beantworten zu können.

Support Prozesse sind all die Aktionen, die nicht von Ihnen selbst durchgeführt werden, sondern bei denen Sie auf externe Dienstleister oder in sehr großen Organisationen auf andere Abteilungen angewiesen sind. Immer dann überschreiten Sie die „Linie der internen Interaktion.“

Wenn Sie auf Informationen aus einer anderen Abteilung warten müssen oder Ihre Agentur mehrere Tage oder gar Wochen braucht, um einen Fehler auf Ihrer Website zu beheben, kann das Ihre Arbeit und die Erfahrung Ihrer Kunden beeinträchtigen.

Eine Besonderheit ist der greifbare Beweis (der englische Fachbegriff lautet im Original etwas irritierend „physical proof“). Dieser „beweist“ Nutzern, dass eine Aktion erfolgreich abgeschlossen wurde und ein Service stattgefunden hat. Das kann beispielsweise ein gedrucktes Ticket oder eine Bestätigungsmail sein oder auch die Zahl des Stockwerks an der Wand als Ankunftsbestätigung, wenn Sie in einem größeren Gebäude aus dem Aufzug treten. Häufig werden den physikalischen Beweisen im Gestaltungsprozess zu wenig Aufmerksamkeit gezollt. Dabei sind gerade diese Touchpoints für die Nutzer enorm wichtig.

Vor kurzem habe ich meinen Mobilfunk-Anbieter gewechselt. Wegen der Rufnummermitnahme ging das nur telefonisch. Als ich nach 10 Tagen nachfragte, wusste niemand etwas von meiner Bestellung. Doch ich hatte nichts in der Hand. Mit einer kurzen E-Mail oder SMS Bestätigung nach meinem Anruf hätte ich einen physikalischen Beweis für meine Aktion gehabt, der mir ein gutes Gefühl gibt und auf den ich verweisen kann, wenn es im weiteren Prozess Probleme gibt.

Service Blueprints im Service Design Prozess

Service Blueprints kommen in unterschiedlichen Phasen des Service Design Prozesses zum Einsatz. Zu Beginn können sie genutzt werden, um einen bestehenden Service zu analysieren, zu vergleichen und zu verbessern. Später dienen Service Blueprints als Blaupause, um bestehende Leistungen zu optimieren oder ganz neue Angebote zu planen. Schließlich sind sie auch ein nützliches Instrument zur Dokumentation und zur Schulung von Mitarbeitern.

Service Blueprints für Ist-Analyse und Planung analog und digital

Mit diesem ganzheitlichen Blick gelingt es uns als Konzeptern, Touchpoints nicht isoliert, sondern im Kontext der gesamten Customer Journey zu sehen. Für Kunden zählt die Summe Ihrer Erfahrungen. Mit Service Blueprints verstehen wir besser, welche Informationen Nutzer zu welchem Zeitpunkt benötigen und können die steigende Zahl der Kommunikationskanäle optimal verzahnen. Auch die „greifbaren Beweise“ können bewusst geschaffen oder Backstage-Aktionen sichtbar gemacht werden, um ein Bewusstsein und eine Wertschätzung für Leistungen im Hintergrund zu schaffen.

Service Designer als Prozessoptimierer?

Ein gut durchdachter Service erspart allen Beteiligten Frust. Viele mögliche Fehlerquellen können Sie bereits im Vorfeld voraussehen. Sind Sie sich dieser Hürden bewusst, können Sie viele Probleme ganz vermeiden oder zumindest Strategien diskutieren, wie Sie damit umgehen. Positive Rückmeldungen der Kunden motivieren viel mehr als ständige Enttäuschungen und Beschwerden. So sorgen Sie nicht nur bei Ihren Kunden für gute Erfahrungen, sondern auch bei Ihren Mitarbeitern. Sie schaffen eine gute Customer Experience und gleichzeitig eine gute Employee Experience.

Häufig schrecken Organisationen zunächst davor zurück, Konzeptern Prozesse offen zu legen. Doch nur mit guten Prozessen im Hintergrund sind durchgängig bemerkenswerte Kundenerlebnisse möglich. Anders als bei vielen Unternehmensberatungen geht es im Service Design nicht darum, Prozesse auf Effizienz zu trimmen, sondern allen Beteiligten eine möglichst gute Erfahrung zu bieten.

Durch die direkte Einbindung der verantwortlichen Mitarbeiter verstehen diese meist direkt, wo der Schuh drückt und bemühen sich aktiv um eine Lösung.

Wie in unserem Projekt für die Universitätsbibliothek Freiburg gelingt die Umsetzung im Arbeitsalltag so eher, als wenn Ihre Mitarbeiter Vorgaben von Vorgesetzten umsetzen sollen. Die Ursache vieler Patzer ist schlicht, dass Mitarbeiter sich der Zusammenhänge gar nicht bewusst sind und so finden sich oft ganz simple Stellschrauben mit enormem Effekt für die Nutzererfahrung.

Service Blueprints helfen dabei

  • Abhängigkeiten zwischen verschiedenen Schritten und Organisationseinheiten zu erkennen, die nötig sind, um ein Leistungsangebot zu erbringen.
  • Kritische Interaktionen finden, die verbessert werden können. Und Risiken aufzudecken, die sich auf das Leistungsangebot auswirken können.
  • Rollen und Verantwortlichkeiten von Teammitgliedern zu beschreiben, die daran beteiligt sind, ein Leistungsangebot zu erbringen. Und Teams durch Visualisierung bei der effektiven Zusammenarbeit zu unterstützen.
  • Ein ideales Kundenerlebnis durch das Visualisieren aller Berührungspunkte zwischen Kunden und Anbieter zu entwerfen.
  • Relevantere Kennzahlen zu finden, anhand derer sich der Erfolg des Leistungsangebots und die Zielerreichung aussagekräftig messen lässt.
  • Sprechen Sie uns an, wenn Sie Customer Journey Maps und Service Blueprints kennenlernen und in Ihren Projekten anwenden möchten. Wir moderieren Ihre Workshops oder schulen Sie in der Anwendung von Service Blueprints.

    Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf katrin-mathis.de veröffentlicht.